Digitalisierung der Kultur für mehr Demokratie. Strategiepapier des Global Ideas Center
- 11. KupoBuko
Eine digitale Kreativitätsoffensive für die Kulturangebote in Deutschland fordert Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder, in einem Strategiepapier für den Thinktank Global Ideas Center mit dem Titel „Digitalisierung und Demokratisierung: Die Neuerfindung der Kultur„
Die aktuellen Herausforderungen der Kulturlandschaft bestehen nicht erst seit der Corona-Pandemie, sie traten allerdings – ähnlich wie bei Schulen und Universitäten – durch die Pandemie viel stärker zutage. Zu diesen Herausforderungen gehört es, die klassischen (hoch-)kulturellen Angebote für jüngere und diversere Zielgruppen attraktiv zu gestalten, mehr Teilhabe und Vielstimmigkeit zu erreichen und Zugangshürden konsequent abzubauen. Die Diversität der Gesellschaft sollte sich auch in Kulturinstitutionen widerspiegeln, damit sie stärker als bisher als gesamtgesellschaftliche Orte wahrgenommen werden. Hier setzen Markus Hilgerts Ausführungen, Forderungen und Empfehlungen an.
»Wir haben in der Kultur die Relevanz und transformative Kraft der Digitalisierung bisher in unverantwortlicher Weise verschlafen und geglaubt, uns am Status Quo festklammern zu können.«
Digitale Technologien müssten konsequent in alle Produktions- und Dokumentationsprozesse und auch in die Kulturvermittlung und kulturelle Praxis einbezogen werden, heißt es in dem Strategiepapier. Digitalisierung wird dabei als umfassender Transformationsprozess gedacht, als eine „andere Art des Handelns und des Denkens“. Es wird deutlich, dass die Digitalisierung kein zusätzliches Nice-to-have ist, sondern eine notwendige Voraussetzung für die Zukunftsfähigkeit von Kultureinrichtungen.
Videos und Soziale Medien
Um möglichst viele Menschen anzusprechen, wird zum Beispiel allen Kulturanbietern die Produktion von kurzen Videos empfohlen, die auf Social Media Kanälen geteilt werden können. Die Angebote und Inhalte der Kultureinrichtungen sollten kreativ in Häppchen-Form aufbereitet werden und so erste Zugänge schaffen – insbesondere für Zielgruppen, die bisher wenig bis gar nicht mit Kunst in Berührung geraten sind. Auch längere Videoformate seien denkbar, etwa zur Dokumentation von Theater- und Opernaufführungen oder Konzerten. Man müsse dynamisch auf neue Seh-, Konsum- und Besuchsgewohnheiten des Publikums reagieren. Digitale Zugänge können hier die Interaktion zwischen Institution und Zielgruppe neu austarieren.
Zugänglichkeit als Schlüssel zur Demokratisierung
Im Sinne der Demokratisierung von Kulturinstitutionen plädiert Markus Hilgert dafür, öffentlich finanzierte Kulturangebote digital und somit zeit- und ortsunabhängig möglichst kostenfrei zugänglich zu machen. Damit untrennbar verbunden ist die Neuverhandlung von Geschäftsmodellen und Finanzierungen. Um mehr Transparenz herzustellen, fordert Markus Hilgert eine umfassende Digitalisierung der Bestände der staatlichen Museen – die Ergebnisse sollten international öffentlich zugänglich gemacht werden.
»So erwartet man in einer modernen demokratischen Gesellschaft zu Recht von öffentlich finanzierten Kultureinrichtungen wie Museen, dass sie öffentlich Rechenschaft ablegen über ihre Sammlungsbestände […] sowie die Umstände ihres Erwerbs.«
Auch im Sinne einer klimaschonenden Kulturpolitik und mit Blick auf die eingeschränkte Mobilität von Menschen aufgrund von gewalttätigen Konflikten, sozioökonomischer Benachteiligung oder Pandemien kann der grenzenlose Zugang zu digitalen Kulturgütern eine große Bedeutung haben. Gleichzeitig leistet diese digitale und damit barrierearme Zugänglichkeit einen wichtigen Beitrag zur transnationalen Aufarbeitung von Kolonialgeschichte und fördert Bildungs- und Aufstiegschancen, Gleichberechtigung sowie die Demokratiebereitschaft von bisher marginalisierten Gruppen.
Aufgaben der Kulturpolitik
Markus Hilgert sieht die Kulturpolitik in der Verantwortung, diese aus seiner Sicht notwendigen digitalen Transformationsprozesse zu unterstützen und entsprechende Anreize zu schaffen. Digital gestützte, agile Methoden und attraktive Kulturproduktionen müssten ebenso gefördert werden wie Weiterbildungsmaßnahmen für Mitarbeiter*innen.
Der Report Digitalisierung und Demokratisierung: Die Neuerfindung der Kultur von Markus Hilgert erschien als Strategic Intervention Paper beim Global Ideas Center als Teil des Projektes „Deutschland in Europa“, das von der Stiftung Mercator gefördert wird.